Ferienhotels müssen maßgeschneidert sein und den gesamten Lebenszyklus des Gastes bedienen, nur dann funktionieren sie und bringen Erfolg.
Erich Falkensteiner ist Unternehmer, Hotelier und Investor. Die Falkensteiner Hotels & Residences zählen mit rund 30 Betrieben in sieben Ländern zu den erfolgreichsten, familiengeführten Ferienhotelgruppen im Raum Alpe Adria. Als Gründer, Chairman und Mitinhaber der FMTG Falkensteiner Michaeler Tourism Group ist er führender Experte in der Beratung, Entwicklung und im Management von touristischen Produkten und Dienstleistungen. Zudem investiert Erich Falkensteiner mit Falkensteiner Ventures in Startup-Unternehmen in den Bereichen Hotellerie, Reisen und Freizeitwirtschaft. Im Interview mit ADDITIVE erzählt Erich Falkensteiner seine Geschichte und gibt Hoteliers Mut zum Unternehmertum und zu Veränderungen.
Von der Familienpension im Südtiroler Pustertal hin zu einer der erfolgreichsten familiengeführten Ferienhotelgruppen Mitteleuropas - wie schafft man das?
Die Basis für eine Unternehmensgruppe und für stetiges Unternehmenswachstum ist ein solides Wertefundament. Bei der Falkensteiner-Gruppe sind dies: Bodenständigkeit, Mut, Erfolgshunger und ganz wichtig: die Kommunikation miteinander und mit den Mitarbeitern. Stimmt das Fundament, benötigt man die richtigen Menschen, die mit einem gemeinsam diesen Weg des Wachstums gehen. Dabei gilt stets die Prämisse, dass diese Menschen dieselben Werte teilen, die vorher gemeinsam erarbeitet wurden. Das ist der Kern von allem Wachstum und Weiterentwicklung. Ich bin jetzt 40 Jahre im Geschäft. Alle sieben Jahre circa gibt es Phasen in denen das Business mega läuft und die Gefahr ist groß, dass man wie ein Jäger gleich auf alles schießt, was sich bewegt. Man sieht überall potentielle Geschäfte.
Unabhängig von den Falkensteiner Hotels habe ich noch viele Betriebe in Venture und Touristik, und bei Weitem lief nicht immer alles rund. Aber ich hab an die Leute geglaubt, die ich mitreißen konnte. Das gelingt mir gut, mit hoch erhobener Flagge vorausgehen und die richtigen Menschen mitziehen. Warum die Leute mir folgen? Weil ich sie niemals belüge, sondern stets das sage, was ich denke.
Die einzelnen Geschäftsfelder haben sich somit langsam entwickelt?
Genau - das war zu Beginn für mich ein Sprung ins kalte Wasser. Als ich 19 Jahre alt war, starb überraschend mein Vater, der mich bis dahin in allem unterstützte. Ich war von einem Tag auf den nächsten Chef im familieneigenen Hotel Ehrenburgerhof (Pustertal/Südtirol). Nur vier Monate später baute ich ein weiteres Hotel mit einem umgerechneten Kredit von 10 Mio. Euro.
Kurz darauf hatte ich mit einem Zinssatz von 27% zu kämpfen, die italienische Lira verlor zeitgleich um 30%. Meinem Bruder Andreas und mir war in diesen ersten 80er Jahren sofort klar, wir benötigen deutsche Mark. Wir schnappten uns das Auto und fuhren kreuz und quer durch Deutschland, während unsere Mutter daheim die Stellung hielt und alle sich darüber echauffierten, dass die Falkensteiner-Söhne die Mutter allein ackern ließen, während sie sich selbst im Ausland vergnügten.
Lassen Sie mich raten, es handelte sich hierbei um keine reine Vergnügungsreise?
Nun ja, wir haben rund 800 Busunternehmen besucht, mit Speck und Rotwein als Proviant. Anschließend gründeten wir dank dieser Erfahrung selbst eine Incomingagentur. Im Jahr 1983/84 belieferten wir mit FalkTours an die 100 Südtiroler Hotels, wir nahmen Deutsche Mark von den Gästen ein und bezahlten die Hoteliers vor Ort in Lire. Da steckte ehrlich gesagt keine Strategie dahinter, sondern die Idee ergab sich während eines Diskobesuchs zuhause in Ehrenburg, bei dem mir ein Deutscher das Wort “Incoming” erklärte.
Als Unternehmensgruppe verfolgen wir seit 20 Jahren die Strategie: wir möchten 360 Grad Unterstützung für touristische Produkte anbieten. Die FMTG-Broschüre zeigt dies gut: ein Hotelkonzept entwickeln, das Hotel bauen, das Hotel weiterverkaufen, das Hotel betreiben, das Hotel beraten und das Hotel beliefern.
Das heimatliche Hotel Ehrenburgerhof und die FalkTours waren somit der Startschuss für die weitere Entwicklung?
Später forcierten wir die Dienstleistung, die Einkaufsgesellschaft GES wurde gegründet und dann begann die Zusammenarbeit mit Otmar Michaeler: der Beratungszweig entstand. Es folgten der Bereich Hotelmanagement inklusive Erweiterung in Richtung Österreich und Kroatien, seither kann man von einer strategischen Vorgehensweise sprechen. Wir wurden von einer Hochphase, wie zu Beginn des Gesprächs erklärt, getragen.
Die Falkensteiner Ventures kamen durch meine Kinder hinzu: sie gründeten ein Startup, ich verfolgte dies natürlich interessiert und investierte schließlich. Als Unternehmensgruppe verfolgen wir seit nunmehr 20 Jahren die Strategie: wir möchten 360 Grad Unterstützung für touristische Produkte anbieten. Die FMTG-Broschüre zeigt dies gut: ein Hotelkonzept entwickeln, das Hotel bauen, das Hotel weiterverkaufen, das Hotel betreiben, das Hotel beraten und das Hotel beliefern.
Die Bildergalerie zeigt erste Eindrücke des neuen Falkensteiner Family Resort Lido in Südtirol/IT (Eröffnung im Herbst 2021)
Unser Alleinstellungsmerkmal ist die maßgeschneiderte Ferienhotellerie.
Welche Alleinstellungsmerkmale machen die Falkensteiner Hotels & Residences zu einer starken Marke?
Vor zwei Jahren trafen wir die Entscheidung, uns auf bestimmte Hotels zu spezialisieren und haben uns darum auch von der Stadthotellerie verabschiedet. Unserer Ansicht nach müssen Hotels um gut zu funktionieren
a) maßgeschneidert sein. Daher die Spezialisierung auf die vier Bereiche Unterhaltung, Genuss, Entschleunigung und Aktiv.
b) den gesamten Lebenszyklus des Gastes bedienen. Als Kind besucht er das Familyhotel, mit Mitte Zwanzig checkt er im Adults-Only-Hotel ein, dann wird er wieder zum Familienurlauber um schließlich im Seniorenalter wieder andere Vorzüge zu genießen.
Diesen beiden Überlegungen folgend gliedern sich nun alle Falkensteiner Hotels entweder in Familienhotels, Adult-Only-Hotels oder haben derart herausragende Alleinstellungsmerkmale wie das Schlosshotel Velden, das einfach markant an den Wörthersee gekoppelt ist, dass eine solche Einteilung nicht möglich ist.
Wichtig für das Hotelmarketing dabei ist: diese Merkmale müssen so spitz wie nur möglich kommuniziert werden. Das tun wir gerade für die Neueröffnung des ehemaligen Hotels Ehrenburgerhof, das neue Falkensteiner Family Resort Lido (Eröffnung 2021). Das Lido ist ein Familienhotel! Junge Erwachsene oder Busreisende haben hier genauso wenig verloren wie Senioren in den 70ern im Adults-Only. Der Gast muss sich in der Hotelcommunity wohlfühlen, nur dann macht er Urlaub. Kurzum: unser Alleinstellungsmerkmal ist die maßgeschneiderte Ferienhotellerie.
Unser Ziel ist klar das 4 Sterne Plus- und 5 Sterne-Hotelsegment und das funktioniert nur mit erstens: Qualität, zweitens: Qualität und drittens: Qualität.
Was erhalte ich als Gast bei Falkensteiner, was ich bei anderen nicht bekomme? Oder anders gefragt: Was ist das Versprechen der Marke?
Das Falkensteiner “Welcome Home” Versprechen. Das ist natürlich ein großes Wort, beschreibt jedoch gut die familiäre Atmosphäre, die den Gast in unseren Hotels umgibt. Mit Recht kann man nun argumentieren: wie will man eine familiäre Atmosphäre kreieren, wenn man selbst als Inhaber nicht vor Ort ist? Die Antwort liegt in der Unternehmenskultur.
Das zu vermitteln ist bei großen Ketten mit 1.000 Hotels meist nicht machbar, aber sogar hier gibts es Positivbeispiele wie Marriott oder Hyatt. Das Markenversprechen “Welcome Home” ist zwar ein großes Schlagwort, aber genau das wollen wir leben. Unser Ziel ist klar das 4 Sterne Plus- und 5 Sterne-Segment und das funktioniert nur mit erstens: Qualität, zweitens: Qualität und drittens: Qualität.
Wenn wir über neue Trends und herausragende Hotelkonzepte auf der Welt sprechen, welche Projekte fallen Ihnen dabei als erstes ein?
Meiner Meinung nach wird sich vor allem die Vielfalt der Unterkünfte verändern, und genau da setzen wir als Falkensteiner Hotelgruppe bereits an. Das klassische Falkensteiner-Hotel wird weiterbestehen, genauso wie die vielen familiengeführten Top Hotelbetriebe hier in Südtirol. Die Gesellschaft denkt jedoch über neue Formen von Urlaub nach wie beispielsweise Camping oder Glamping (also 5*Camping-Formate wie das Premium Camping Zadar in Kroatien mit Luxus in Hinblick auf Platz und Kulinarik).
Genauso sind Natur- und Outdoor-Themen stark im Kommen. Allerdings sehe ich die Antwort auf diesen Trend mit dem Bau von Chalets, wie derzeit im Alpenraum gerade zu beobachten, eher als Fehlentwicklung. Chapeau vor den Vorreitern, die das Konzept aufgegriffen haben wie das San Luis in Hafling/Südtirol. Allerdings versuchen jetzt viele, dies einfach zu übernehmen und haben Baukosten von 700.000 Euro pro Einheit, das rechnet sich in meinen Augen niemals.
Falkensteiner Hotels & Residences streben nicht den exklusiven Luxus an, sondern erschwinglichen, realen Luxus, der leistbar ist. Wir wollen im DACH-Raum mit Kroatien/Alpe Adria in die Top 3 der Ferienhotelgruppen.
Wo steht das Unternehmen “Falkensteiner Hotels & Residences” im Jahr 2030?
Wir möchten organisch zwar weiter wachsen, müssen jedoch nicht weiter wachsen, ein realistisches Ziel sind wahrscheinlich um die 50 Hotels. Aber wir wachsen sicherlich nicht mehr opportunitätsgetrieben, sondern beständig und nur mit Betrieben, von denen wir 100% überzeugt sind. Ich sage deutlich: für eine Erfolgssteigerung ist die Anzahl der Hotels nicht relevant. Entscheidend sind wirkliche Top Hotels mit Top Infrastruktur, mit denen man Geld verdienen kann. Wie beispielsweise das neue Familienhotel im Montafon: Top Investor, Top Destination, kein familienausgerichtetes Hotel am Markt.
Wir sind derzeit im 4 Sterne bis 4 Sterne Superior Segment angesiedelt mit einzelnen 5-Sterne Häusern. Wir möchten qualitativ nochmals eine halbe Stufe nach oben, sprich eine Konsolidierung im 4 Sterne S bis 5 Sterne-Segment. Dabei strebt Falkensteiner nicht den exklusiven Luxus an, sondern erschwinglichen, realen Luxus, der leistbar ist. Wir wollen im DACH-Raum mit Kroatien/Alpe Adria in die Top 3 der Ferienhotelgruppen.
Gibt es eine Persönlichkeit aus dem Tourismus (oder gerne auch aus einem anderen Bereich), die Sie schon immer einmal treffen wollten? Warum und was wäre Ihre zentrale Frage an diese Person?
Ich würde gerne einmal zwei Stunden mit dem Papst verbringen und ihm die Frage stellen “Wie halten Sie diesem Druck stand, der auf Ihnen lastet?” Milliarden Menschen blicken zu ihm auf und alles, was er tut oder von sich gibt kann Veränderungen ins Rollen bringen. Auf jedem Unternehmer lastet ein gewisser Druck, auf dem Papst lastet jedoch ein ganzer Erdball auf den Schultern und sein Umgang damit sieht so leicht aus. Vielleicht würde er antworten “Indem ich bete.”, aber das würde ich gerne herausfinden.
Jetzt online: Teil zwei der vierteiligen Interviewreihe mit Erich Falkensteiner zu den Herausforderungen im Umgang mit der Pandemie sowie Teil drei über die Themen Digitalisierung in der Hotellerie und Online-Marketing.